Die Ukraine will zum „Westen“ gehören. Dieser Wunsch ist verständlich. Noch ist der Lebensstandard hier entschieden höher als im russischen Einflussbereich.
Aber warum soll es dann nicht auch den Russen gut gehen können?
Warum soll Russland nicht auch, genauso wie die Ukraine, zu einer Europäischen Gemeinschaft gehören können? Schließlich gehören beide Nationen zu Europa. Diese neue EU müsste eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sein, wie wir sie schon einmal in der europäischen Geschichte hatten. Ein zollfreier Binnenmarkt von Lissabon bis Wladiwostok, das wäre nun wirklich die größte Wirtschaftsmacht der Welt, die westliche Ingenieurskunst mit den Rohstoffen des Ostens verbinden könnte.
Das gäbe einen Motivationsschub ohnegleichen. Ukrainer und Russen müssten nicht mehr in den „Westen“ kommen, um gut zu leben; sie könnten nun bei sich zu Hause mit Erfolg fleißig sein. Allerdings müssten sich die etablierten europäischen Eliten, besonders die Deutschen, den Wahn abschminken, auf Kosten des deutschen Steuerzahlers kurzfristig für gleiche Lebensverhältnisse in der ganzen neuen EWG zu sorgen.
Das ginge nicht. Deutschland hätte seine fiskalischen Fähigkeiten dann endgültig überdehnt. Wir zahlen jetzt schon netto doppelt so viel in den EU-Haushalt ein, jährlich über 30 Milliarden Euro, wie der zweitgrößte Nettozahler Frankreich.
Aber das würde gar nichts machen. Das Wichtigste, was Menschen brauchen, ist eine begründete Perspektive, wie sie ihr Leben bessern können. Das hatten die Deutschen in West wie Ost nach dem 2. Weltkrieg, die gewonnene Zuversicht führte, zusammen mit der über die Jahrhunderte gewachsenen deutschen Mentalität, zu einem Wirtschaftswunder, das die Welt bis dahin noch nicht gesehen hatte. Jetzt ist nichts mehr da von der Zuversicht – in Deutschland. In Polen zum Beispiel schon, denn da geht es auf Kosten Deutschlands aufwärts.
Kohl zögerte 1990 den 4+2-Vertrag zu unterschreiben, mit dem Deutschland „endgültig“, so weit das historisch möglich ist, die „Oder-Neiße-Friedensgrenze“ anerkannte. Der Hauptgrund, dass er es dann doch tat, war die Verankerung Deutschlands in der Europäischen Gemeinschaft. Die Grenzen zwischen den Nationen würden verschwinden. Es sei dann zweitrangig, ob Schlesien zu Deutschland oder Polen gehören würde; beide befänden sich dann ja in einem „Europa“.
Warum soll diese Logik nicht auch für die Ukraine und Russland gelten dürfen?
Die Kämpfe um Grenzverschiebungen zwischen Russland und der Ukraine könnten dann ja genauso belanglos werden wie die zwischen Deutschland und Polen. Beide Länder würden dann ja zu einer neuen Europäischen Gemeinschaft gehören.
Ja, aber das geht doch nicht mit einem Kriegstreiber und „Bluthund“ wie Putin! War nicht auch Deutschland gerade noch ein Kriegsaggressor gewesen und waren nicht noch viele „Bluthunde“, alte Nazis, in der deutschen Regierung, als Frankreich sich mit Deutschland versöhnte und die Keimzelle einer europäischen Gemeinschaft schuf? Die alte Erbfeindschaft sollte beendet werden und einer europäischen Freundschaft weichen. Jahrhunderte lang ging der Kampf um Elsass-Lothringen zwischen Deutschland und Frankreich hin und her. Jetzt sollte es zum gerechten europäischen Ausgleich kommen: Frankreich erhält alles, Deutschland nichts.
Auf dieser Basis konnte es mit der europäischen Freundschaft weiter vorangehen; das gleiche Muster wurde dann auf die Jahrhunderte langen Kämpfe um Schlesien, Oberschlesien, Pommern, West- und Ostpreußen angewandt: Polen bekommt alles, Deutschland nichts.
Aber Deutschland hatte doch den verbrecherischen 2. Weltkrieg vom Zaun gebrochen und sollte froh sein, überhaupt wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen worden sein. Der 2. Weltkrieg war eine Folge des Versailler Vertrags, im Zuge eines „Diktatfriedens“ nach dem 1. Weltkrieg geschlossen, in dem Deutschland schon einmal nichts bekommen hatte und seine Kriegsgegner alles. Ich habe darüber schon mehrfach geschrieben. Jetzt geht es mir darum, warum Russland nicht auch so wie Deutschland damals als ehemaliger „Aggressor“ in eine europäische Gemeinschaft aufgenommen werden können sollte.
Das ginge, und alle wären glücklich in Europa! Was kümmern uns die Amerikaner und Chinesen? Das sind Mächte in ganz anderen Erdteilen, was ja freundliche Beziehungen zu ihnen auch nicht ausschließt (gerade den Chinesen bin ich wohl gewogen wie die, die hier regelmäßig meine Texte lesen, wissen).
Die CDU und die Grünen wollen in die Lücke springen, die die Amerikaner unter Trump in der Ukraine hinterlassen. Sie wollen noch mehr Waffen liefern, auch den Taurus, koste es die Deutschen, was es wolle. Bis jetzt, kurz vor den Bundestagswahlen, behaupten sie, dass sie deutsche Soldaten nicht in die Ukraine schicken wollen. Die Briten haben schon zugesagt. Wer die etablierten deutschen Eliten kennt, weiß, dass sie zu allem fähig sind, aber nicht dazu, hinter einem imaginären „Westen“ zurückzustehen. Wählt ruhig CDU und Grüne, wir werden dann in den russisch-ukrainischen Krieg direkt involviert werden.
Jedes Land muss doch frei entscheiden dürfen, zu welcher Staatengemeinschaft es gehören will. Nur weil Putin die freie Entscheidung der Ukraine für die Nato und den Westen nicht akzeptieren will, hat er die Ukraine überfallen.
Im Gegensatz dazu würde es der Westen doch natürlich akzeptieren, wenn sich ein freies Land wie zum Beispiel Österreich dafür entscheiden würde, zu einer russischen Staatengemeinschaft zu gehören und direkt an der Grenze zu Deutschland russische Raketen zu stationieren.
Na also. Alles klar.