So wird mein Leben immer länger, nach hinten und nach vorn hin.
Karlsbad (das in seiner Geschichte vor 1918 nie „Karlovy Vary“ hieß) – wieder mal, ich setze mein Leben zurück und starte es wieder, neu und besser. Dafür ist es gut, die gewöhnlichen Lebensroutinen zu verlassen und etwas Anderes, Besonderes zu beginnen, am besten aber eins, das ich auch schon kenne.
Ich war bestimmt bisher schon mindestens zehnmal in Karlsbad [eher mindestens fünfzehnmal – 19.09.24]. Es ist wirklich eine schöne Stadt. Bei meinem letzten Besuch hatte ich noch mehr Karlsbad-Fotos geschossen und sie auf diese Seite gestellt.
Goethe weilte dreizehnmal hier und zählte diese Stadt zu seinen drei ausgewählten Favoriten, in denen er gern leben würde: Weimar, Rom und eben Karlsbad.
Das Zurücksetzen und Neuanfangen in aktuell neuen und doch schon vertrauten Lebenssituationen fängt bei mir mit lapitaren „Sachen“ an wie meinem allgemeinen Trinkverhalten, also das generelle, nicht nur das auf Alkohol bezogene.
Dafür habe ich einen guten Grund: Ich leide unter einer geschwächten Nierenfunktion. Dagegen gibt’s keine Tabletten und so richtig konnte mir keiner bisher sagen, was sich da machen lässt. Das ist ein blödes Gefühl, Objekt des Lebens zu sein und nicht sein Subjekt.
Es gab schon einige gesundheitliche Situationen, wo ich gemerkt habe, dass letztendlich ich mir selbst am besten helfen kann, schließlich bin ich ja auch der Mensch auf der Welt, der mich, Karl, am besten kennt.
Ich trinke viel, wahrscheinlich zu viel. Als – zum Glück (bisher) nur tablettenpflichtiger – Diabetiker habe ich oft Durst. Bisher zeigte er sich besonders am Abend, nachdem ich zur Ruhe gekommen war. Dann wurden es schon ein paar Gläser Mineralwasser, und ich musste in der Nacht zwei-, dreimal auf die Toilette gehen.
Hier in Karlsbad, mit dem gewonnenen Abstand zu meinem üblichen Leben, fiel mir plötzlich etwas Naheliegendes auf. Darauf hatte mich noch kein Urologe oder Nephrologe aufmerksam gemacht: Vielleicht ist es gar nicht gut, dass meine Niere ständig, Tag und Nacht, arbeiten muss.
Manchmal waren meine Nierenwerte besser. Vielleicht lag das daran, dass ich ihnen dann Pausen zum Ausruhen gelassen hatte? Hier jedenfalls gewöhne ich mir einen ganz neuen Lebens- und Trinkstil an: Nach dem Aufstehen um 9 Uhr gehen wir eine Runde und trinken von zwei, drei Quellen. Dann frühstücken wir um 10 Uhr.
Danach kommen verschiedene Anwendungen und am Nachmittag gehen wir wieder zu den Quellen. Das heißt, ich trinke jetzt viel schon am Tag. Zum Abendessen um 18 Uhr dann noch ein kleines Bier. Das wars dann.
Gestern habe ich es das 1. Mal so gemacht und siehe da, ich musste nachts nicht raus. Ich werde es nun weiter so handhaben, auch dann, wenn wir wieder zurück sind. Ich bin gespannt, was im nächsten Quartal meine Nierenwerte sagen. (Ich werde es Ihnen verraten.)
Da habe ich nun philosophisch angefangen mit den Schlaufen, mit denen ich die Teile meines alten Lebens, die mir verloren gehen zu drohen, zurückholen möchte und auch das schon umfassen möchte, was noch vor mir liegt, und dann ende ich wie einer der alten Männer, die zu viel von ihren eigenen Krankheiten sprechen.
Aber das war nun gerade mal – in der Wirklichkeit – das Ergebnis meiner geistigen Zurücksetzung, und mit konkreten Beispielen lässt sich vielleicht das Gemeinte noch am ehesten verdeutlichen.
Und nun noch ein Wurf nach vorn, auf den kommenden Sonntag. „Wahlen ändern nichts. Wenn das so wäre, wären sie verboten“, sagte mir neulich ein mir nahestehender Mensch. Wie kann man nur so pessimistisch sein! Wahlen können alles ändern, du musst bloß hingehen und die richtige Alternative wählen.