Rosa Luxemburg und der Synodale Weg

Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“ Ich erinnere mich, wie die wissenden, reifen Marxisten-Leninisten mich damals als jungen Studenten belehrten: Das muss man doch im historisch-konkreten Zusammenhang sehen, das kann man nicht einfach wort-wörtlich übernehmen. Und in der Tat: Rosa Luxemburg selbst hat diesen Satz nur als Randbemerkung auf der Seite 100 ihres Manuskripts „Zur russischen Revolution“ vermerkt, in einem Text, in dem sie sich viel mehr für die Diktatur des Proletariats einsetzte.

Trotzdem: Ich kann nicht akzeptieren, dass etwas, was geschrieben und gedruckt wurde, sofort – und auch viel später, z.B. in einem Beitrag von Welt.de des Jahres 2019 – wieder zurückgenommen wird. Was gedruckt vorliegt, sollte erst einmal als Meinung des Autoren gelten. Ähnlich ist es mit vielen Stellen der Bibel, sie würden nur in einem übertragenen, ganz anderen Sinn gelten. Da ist dann für die klugen, toleranten Interpretations-Meister viel Platz, die dem dummen Volk erklären, wie das „eigentlich“ gemeint ist. Und jede Zeit hat dann ihre neuen, immer noch schlaueren Interpretationskünstler.

Mein Beweggrund, mich in einer kritischen Phase meines Lebens der Kirche zuzuwenden, war gerade, den ewig wechselnden, sich mit dem Zeitgeist entwickelnden „Wahrheiten“ zu entkommen. Es muss doch etwas geben, das absolut und für immer gilt. Und wo sollte das stehen, wenn nicht in der Bibel?

Diesbezüglich sprach mich Paulus‘ „Brief an die Römer“ in seinem 1. Kapitel sehr an:

Er beschreibt eine Welt, in der es primär um persönliche Gelüste geht, in der alle Angst haben, etwas zu verpassen und zu kurz zu kommen. Die Orientierung auf die eigene Lust war etwas, was mir aus meiner eigenen heutigen, immer oberflächlicher und hektischer werdenden Welt sehr bekannt vorkam. Ich las die Schlussfolgerung, die Paulus daraus zog, mit großem Interesse:

„24Deshalb hat Gott sie all ihren Trieben und schmutzigen Leidenschaften überlassen, so dass sie sogar ihre eigenen Körper entwürdigten. 25Sie haben die Wahrheit über Gott verdreht und ihrer eigenen Lüge geglaubt. Sie haben die Schöpfung angebetet und ihr gedient und nicht dem Schöpfer. Ihm allein aber gebühren Lob und Ehre bis in alle Ewigkeit. Amen.
26Weil die Menschen Gottes Wahrheit mit Füßen traten, gab Gott sie ihren Leidenschaften preis, durch die sie sich selbst entehren: Die Frauen haben die natürliche Sexualität aufgegeben und gehen gleichgeschlechtliche Beziehungen ein. 27Ebenso haben die Männer die natürliche Beziehung zur Frau mit einer unnatürlichen vertauscht: Männer treiben es mit Männern, ohne sich dafür zu schämen, und lassen ihrer Lust freien Lauf. So erfahren sie die gerechte Strafe für ihren Götzendienst am eigenen Leib.“

Was gibt es daran zu deuteln und zu interpretieren? Das ist doch klar wie Kloßbrühe! Natürlich können auch Männer Männer wirklich lieben, genauso wie Frauen Frauen. Das mag für sie beglückend und hilfreich sein, und ich gönne es ihnen; sollen sie privat machen, was sie wollen, aber ohne staatliche und steuerliche Bevorzugung. Diese steht allein der Liebe zu, die – das Leben – weiterführt.

Die homosexuelle Liebe ist ein Kreislauf der eigenen Befriedigung und Lust, auch durchaus des gegenseitigen Gebens von Geborgenheit. Aber wenn das das Entscheidende wäre, dann müsste ich auch meinen Kater heiraten dürfen mit dem Segen der Kirche.

Ich finde, Kinder haben ein Recht auf Mutter und Vater. Das ist das Ideal. Es geht, wenn das Leben das nötig macht, auch anders und sogar gut. Trotzdem bleibt das ein Sonderfall, der nicht von vornherein und extra gefördert und damit als gleichberechtigter Hauptweg etabliert werden sollte.

Der „synodale Weg“ ist ein Weg in die Irre. Er nimmt der Kirche das einzige Alleinstellungsmerkmal, das sie noch haben könnte: Den Moden der Zeiten widerstehen und treu zu dem stehen, was von Anfang an richtig war und immer richtig bleiben wird. Ich hoffe, der Papst bleibt standhaft. Die Deutschen schlagen doch gar zu gern Sonderwege ein, und sie wollen dabei immer besser und klüger sein als die zurückgebliebenen „Ewig-Gestrigen“.  Vielleicht ist aber gerade diese Eitelkeit „ewig-gestrig“.  Dann hätten wir doch neben der „Liebe, die weiter führt“ schon einmal eine weitere Konstante, die sich durch die Zeiten zieht.

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