Das gab es „früher“ nicht

Der deutsche Verkehrsminister fordert, dass Bahnmitarbeiter besser vor körperlichen Angriffen und Diffamierungen, wie Anspucken, vom Staat beschützt werden müssten. Generell geht es um den Schutz von Menschen, die im Auftrag des Staates etwas für seine Bürger tun, zum Beispiel auch Rettungssanitäter, Ärzte, Feuerwehrleute und Polizisten. 

Recht hat er. Aber der Mensch, der denken kann und will, fragt sich, wie es „plötzlich“ in Deutschland zu etwas kommen kann, was dort jahrhundertelang unbekannt war. Vielleicht gab es das vereinzelt, aber niemals in diesem Ausmaß wie heute.

„Vergleichen“ ist eine grundlegende Denkoperation: Was war früher genauso und was anders und wieso ist das möglicherweise ein Grund, dass es heute zu diesen Übergriffen kommt. Was war früher anders? Da gab es im „Dritten Reich“ und in der DDR diktatorische Unrechtssysteme, die autoritär und repressiv ihre Bevölkerung in Schach hielten. Druck erzeugt bekanntlich Gegendruck. Insofern hätte es doch in der DDR, wo 1981 das letzte Todesurteil vollstreckt wurde, entschieden mehr Rebellion geben müssen, weil andererseits die staatliche Repression doch nicht ganz so total und lebensbedrohlich war wie im nationalsozialistischen Deutschland. Fragen Sie mal einen Reichsbahner, ob und wann dort jemals Bahnmitarbeiter attackiert wurden. Oder fragen Sie einen Notarzt.

An einer zu autoritären Durchsetzung staatlicher Regeln, die Rebellion provozieren, kann es dann also wohl eher nicht liegen. Woran dann? Wer „woke“, also politisch achtsam ist – das gab es früher auch nicht -, ahnt schon, worauf ich hinauswill: Haben die Gäste und kurz darauf Neubürger des deutschen Staates etwas damit zu tun, die mit führender Hilfe der CDU – die Parteivorsitzende Frau Merkel war damals Bundeskanzlerin – ab 2015 in Massen ins deutsche Land strömten? (Frau Merkel wird bis heute bei CDU-Veranstaltungen mit stehenden Ovationen begrüßt.) Also: Ja.

Aber es sind nicht nur diese Menschen, die solche Probleme verursachen. Es geht generell um Leute, die sich mit einem staatlichen Gemeinwesen – und dann schrecklicherweise auch noch einem deutschen – nicht identifizieren können und wollen. Insofern sie seine Leistungen abkassieren, schon, aber keinesfalls insofern sie sich in seine Ordnung integrieren und sich an seine Regeln halten.

Wir werden es in Kürze wieder besichtigen können. Die Silvesterfeiern in Großstädten; zuvörderst die CDU-regierte Bundeshauptstadt wird uns das wieder vor Augen führen. Wie kann so etwas bloß passieren wie im letzten Jahr, als außer Rand und Band geratene Chaoten dort einen mit Blaulicht fahrenden Rettungswagen einen Feuerlöscher an die Windschutzscheibe schleuderten und in einen Rettungswagen, in dem ein Verletzter gerade notversorgt wurde, durch die offenen Türen Pflastersteine warfen?

Rätselhaft! Der CDU-Bürgermeister wird – jedes Jahr dieselbe Prozedur – entsetzt sein: Wer macht so etwas bloß? Gab es das schon immer? Letzteres fragt er sich natürlich konsequent nicht. Anstatt dessen wird er eine besonders große Kommission einberufen mit vielen hochbezahlten Experten, und sie wird ein paar Jahre brauchen. Auf die Idee, meine Oma zu befragen, wird er nicht kommen. Die hat die beiden wichtigsten Antworten damals schon gewusst, als sie noch lebte:

  • Gewalttäter müssen konsequent verfolgt und bestraft werden, ohne Wenn und Aber, ohne Psychologisierung, die bei jedem Täter einen Grund findet, warum er angeblich nicht anders konnte, mit der Folge, dass sich nicht die Täter, sondern die (potentiellen) Opfer ändern müssen: Warum zum Beispiel hat denn der Schwerverletzte nicht die Tür im Notarztwagen hinter sich zugemacht, als er reingetragen wurde?
  • Ein Staat, der peinlich jede Identifikation seiner Bürger mit sich als Nation vermeidet, behindert und verfolgt, muss sich dann doch nicht wundern, dass es kein gesellschaftliches Gemeinschaftsgefühl gibt, sondern das Sprießen von immer mehr Gruppeninteressen und  individuellen Ansprüchen an das, was einem Einzelnen von Seiten der staatlichen Gemeinschaft angeblich zusteht. (Was John F. Kennedy dazu gesagt hatte, habe ich auf dieser Seite schon einmal aufgeschrieben. – Die drei Millionen Beratungshonorar dann bitte an mich als Enkel meiner verstorbenen Oma überweisen.)

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