Wenn schon doppelt gemoppelt, dann aber für alle, die in Deutschland leben, nicht nur für die, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen (wollen). Gleiches Recht für alle, auch gleiches Staatsbürgerschaftsrecht. Bei Diskriminierung und ihrer Witterung erlaube ich mir, genauso empfindlich zu sein, wie es viele sind, deren Vorfahren nicht aus Deutschland kommen.
Meine Lieblingsländer neben Deutschland sind die Schweiz, Österreich und Ungarn. Darf ich dort einen Antrag auf Einbürgerung stellen und dann halb und halb dort und in Deutschland leben und mir dann immer aussuchen, von Fall zu Fall, welches nationale Recht mir besser passt?
Wenn Deutschland ein Land der doppelten Staatsbürgerschaften sein will, muss das sukzessive für alle Bürger möglich werden. Die SPD und die Grünen könnten ja auch eine „moderne Ehe“ einführen, bei der jeder mehrere Ehepartner heiraten darf. Das ist doch auch viel lockerer, offener und freier als nur einen Ehepartner zu haben. Natürlich entstehen dann Loyalitätsprobleme: welchem Staat, welchem Ehepartner fühle ich mich nun zuerst bzw. am meisten verpflichtet? Wahrscheinlich dem – und seinen Kindern -, der mir gerade am besten passt.
Die Fragmentierung der deutschen Gesellschaft in lauter Individuen, die sich nicht mehr gemeinschaftlich gebunden fühlen, schreitet voran. Die Freiheit steht über allem, auch weit über der Liebe und der Sicherheit. Na dann, voran in die grenzenlose Freiheit! Vielleicht bleiben die SPD und die Grünen nicht auf halbem Weg bei ihren Modernisierungsprojekten stehen, sondern erlauben dann noch eine dritte und vierte Staatsbürger- und Ehepartnerschaft. In dem Fall interessiere ich mich auch noch für die japanische und chinesische; bei den potentiellen Ehepartnern schweige ich lieber vorläufig still.
Beim Steuerrecht entscheide ich mich natürlich nicht für die deutsche Staatsbürgerschaft, bei der Gesundheitsversorgung vielleicht schon, aber das ist ja Quatsch, es wird ja in Deutschland sowieso jeder versorgt, egal, ob er Staatsbürger ist oder nicht und auch egal, ob er in die Krankenkasse eingezahlt hatte oder nicht.
Das sehe ich selbst ja auch so: wenn ich einen Menschen vor mir sehe, erst recht ein Kind, der/das schwer krank ist, würde ich ihm die medizinische Hilfe natürlich wünschen, auch wenn es sich nicht um deutsche Staatsbürger handelt und auch wenn sie niemals etwas in eine deutsche Krankenkasse eingezahlt haben. Andererseits spricht sich das natürlich in der Welt herum: Deutschland ist das Paradies. Kommt, all ihr Beladenen, hier wird euch geholfen.
Aber ist es nicht ganz natürlich, dass in einem Notfall Eltern zuerst ihren eigen Kindern helfen wollen und Staaten ihren eigenen Bürgern? Wäre es nicht so, könnten Eltern und Staaten dann nicht die Fürsorgepflicht für die „eigenen“ vernachlässigen, weil sich schon irgend jemand anderes um sie kümmern wird in der freien und offenen (Welt)Gesellschaft? Noch einmal andererseits: Die Kinder, denen wir geholfen haben, die arbeiten dann vielleicht in Deutschland. Ja, vielleicht…
Die Regierenden müssen sich um diese Probleme jedenfalls nicht kümmern, sie dürften privatversichert sein. Sie reden zwar seit Jahrzehnten davon, dass das ungerecht wäre, ändern aber natürlich… nichts. (Sonst müssten sie ja selbst dafür aufkommen, „gute Menschen“ zu sein.)
Ich erkenne nicht ganz den Sinn dieser Worte hier.
„Deutschland ist das Paradies. Kommt, all ihr Beladenen, hier wird euch geholfen.“
Ja, sind denn nicht Barmherzigkeit und Mitgefühl die größten christlich-abendländischen Werte, auf die sich zu konzentrieren von vielen Konservativen immer mehr gefordert wird?
„Meine Lieblingsländer neben Deutschland sind die Schweiz, Österreich und Ungarn. Darf ich dort einen Antrag auf Einbürgerung stellen und dann halb und halb dort und in Deutschland leben und mir dann immer aussuchen, von Fall zu Fall, welches nationale Recht mir besser passt?“
Ja, warum denn nicht? Wie in diesen Ländern im einzelnen genau die mehrfache Staatsbürgerschaft gehandhabt wird, weiß ich nicht. Aber worin genau besteht denn das Problem. Für den einzelnen gelten immer die Gesetze des Aufenthaltsortes, diese sogar mit der „einfachen“ Staatsbürgerschaft. Auf Reisen muss ich mich immer an lokale Gesetze halten. Und das Steuerrecht ist ebenfalls lokal und richtet sich im regelfall nach dem Wohnsitz.
Gründe für den Begehr einer mehrfachen Staatsbürgerschaft liegen eher woanders.
Ich zitiere mal auch gern Volker Pispers: „Ich bin mit meinem bisschen Mensch sein derartig ausgelastet – zum Deutsch sein komm‘ ich ganz selten.“