Nur ein altes Sprichwort. Man kann es unterschiedlich anwenden und deuten. Erstmalig kam es mir in den Sinn, als ich im Jahr 2000 an einem Gedichtwettbewerb der „Bibliothek deutschsprachiger Gedichte“ teilnahm und meine Einsendung gleich in die Anthologie aufgenommen wurde, die aus alterungsbeständigem Papier gefertigt war. Da dachte ich mir: Prima, so wird mein Gedicht noch in der Welt sein, nachdem ich sie schon längst verlassen habe. Fortan beteiligte ich mich in jedem Jahr mit dem Ziel, noch mehr Geschriebenes von mir zu hinterlassen. Ich weiß gar nicht, ob ich in meinem Leben so kontinuierlich geschrieben hätte, wäre nicht eines Tages ein an mich persönlich adressierter Werbebrief im Postkasten gelandet, der mich zu besagtem „Wettbewerb“ einlud. (Wahrscheinlich wurde meine Adresse verkauft, denn ich hatte mal ein Fernstudium für Werbetexten in Hamburg absolviert).
Unweigerlich löste das in mir einen Adrenalinschub aus, da ich mich von Kindesbeinen an regelmäßig und gern an Wettkämpfen in verschiedenen Sportarten beteiligt hatte. Und wenn ich auf dem Siegertreppchen stand, Urkunden und Medaillen bekam, konnte ich meinen Geltungstrieb endlich mal stillen, da ich zu Hause, mit einem älteren Bruder, immer nur die Kleine war und oftmals auf der Verliererseite stand. Auch in Zeiten der Arbeitslosigkeit oder Weiterbildung nach der Wende fand ich Zeit und Gelegenheit, Wettkämpfe zu bestreiten und mich darauf vorzubereiten.
Eine ganze Mappe voller Urkunden legt noch heute Zeugnis davon ab, wie ich versuchte, mir Geltung zu verschaffen, nachdem man mich demontiert und meines gesunden Selbstbewusstseins beraubt hatte. Um wieder Ich zu werden, nahm ich u.a. auch an einem Poetry-Slam-Wettbewerb für Einsteiger teil und trat gegen junge Menschen an, die im Alter meiner ältesten Enkeltochter waren.
Zurück zum Schreiben. Mittlerweile bin ich im letzten Abschnitt meines Lebens angekommen, den ich so lange wie möglich aktiv leben und erleben möchte. Damit noch etwas bleibt, werde ich mir ein lyrisches Büchlein mit ausgewählten Gedichten aus zwei Jahrzehnten gönnen, das ich sowohl meinen Nachkommen als auch den Menschen an meiner Seite widmen möchte. Schon zum letzten runden Geburtstag hatte ich es mir vorgenommen, doch ein Schicksalsschlag durchkreuzte meine Pläne. Momentan bin ich dabei zu sichten und auszuwählen, welche Verse mein gefühltes Leben am besten widerspiegeln. Alle entstanden in Zeiten mit inneren Kämpfen, die ich nicht ungefiltert nach außen tragen wollte, auch gegenüber meiner Familie nicht.
Aber ich möchte, dass sie irgendwann davon erfahren, sonst werden sie mich niemals wirklich kennenlernen. Immer dann, wenn es mir schwerfiel, mein Leben zu bewältigen, wenn ich mich sorgte, allein oder unverstanden fühlte, den inneren Schmerz oder die Angst nicht mehr verbergen konnte, ging ich in den Wald um zu laufen oder setzte mich hin und versuchte, meine Gefühle lyrisch auszudrücken. Beides hat mir geholfen, ohne fremde Hilfe immer wieder aufzustehen und neu zu beginnen.
Ein kleines Beispiel: „Zeit der Wende / in der Mitte / mittendrin / herausgefallen / gestrauchelt / hingefallen / verletzt / Wunden geleckt / gezögert / aufgestanden / losgelaufen / gestoßen / gestolpert / standgehalten / weitergelaufen / angekommen / in der Mitte / bei mir“
Ich denke nicht, dass meine Gedichte so gut sind, dass sie unbedingt in einem Buch verewigt werden müssten, nein, es geht mir um etwas Bleibendes für meine Nachkommen. Ich selbst halte die Koch- und Backrezepte meiner verstorbenen Mutter, die Aufzeichnungen meines Vaters und eine Buch-Widmung meiner Großmutter in Ehren. Und so stelle ich mir vor, meine Söhne und Enkelkinder könnten irgendwann auch mein Geschriebenes wertschätzen, denn bislang sind sie dafür noch nicht bereit.
Um am Lesen und Schreiben zu bleiben, verfolgte ich bisher mit großem Interesse die Veröffentlichungen in eigen-heiten.de und meldete mich gelegentlich selbst zu Wort. Nunmehr teile ich zukünftig gern mit, „was ich noch zu sagen hätte“ und hoffe, dass noch mehr Leser durch eigene Beiträge den Gedankenaustausch zu diversen Themen bereichern. Ich habe die Erfahrung gesammelt, dass nicht nur beim Essen, sondern auch beim Schreiben manchmal der Appetit auf mehr kommt…