… dass ich zur „letzten Generation“ gehöre. Das ergab für mich auch einen Sinn, denn meine Generation ist die letzte, die den 2. Weltkrieg noch er- und überlebt hat, die Nachkriegszeit mit allen Entbehrungen und Anstrengungen bewältigte, um nun am Ende des Tages festzustellen, dass heute unsere Welt von Aktivisten gerettet werden muss, die sich „Letzte Generation“ nennen, weil anscheinend der Weltuntergang unausweichlich ist, wenn es ihrer Generation nicht gelingt, eine Kehrtwende einzuleiten.
Dafür müssen sie in Deutschland und Österreich die Regierungen zwingen, Gesetze zu beschließen und Maßnahmen einzuleiten, die den Klimawandel herbeiführen. Soweit, so – erst mal – gut. Warum aber klebt man sich an Kulturgütern und auf Straßen fest? Was stört die verantwortlichen Politiker daran, die andere Entscheidungen treffen sollen? Es stört vor allem den sozialen Frieden, die Bevölkerung, die ihrer täglichen Arbeit nachgeht. Es bindet Fachkräfte in der Polizei, in der Justiz, die ohnehin schon überlastet sind.
Wenn schon geklebt werden muss, dann doch bitte direkt dort, wo man mit seinen Forderungen gehört werden will, zum Beispiel vorm Bundeskanzleramt, dem Verkehrs-, Wirtschafts- oder Umweltministerium. (Es wäre ja mal interessant zu sehen, ob der Kanzler auch so lange geduldig wartet, bis die Straße wieder frei ist, wie er es seinen Bürgern zumutet. Die Polizei scheint jedenfalls nicht bevollmächtigt zu sein, konsequent für Recht und Gesetz auf den deutschen Straßen zu sorgen, solange es nur die normalen Bürger betrifft.)
Dann ärgere ich mich auch über Vorwürfe gegenüber Menschen der älteren Generation, dass wir nicht ausreichend umweltbewusst sind, den Idealen der Umweltaktivisten nicht folgen. Vielleicht machen das die „Aktivisten“ an Kreuzfahrten und Urlaub mit Langstreckenflügen fest? Ja, da könnte ich noch zustimmen, habe aber teilweise auch Verständnis für diese „Nestflüchter“. Viele von ihnen haben erst im Ruhestand die nötige Zeit und die finanziellen Möglichkeiten, sich die Welt anzusehen. Die „Letzte Generation“ hat das wahrscheinlich alles schon mit ihren Eltern im Kindesalter hinter sich gebracht.
Während ich im Alter von 54 Jahren stolz auf mein eigenes Auto war, bekommt mancher Jugendliche heute schon zum Abitur das erste geschenkt. Diesen Wohlstand haben alle, die die Kriegs-und Nachkriegszeit erlebt hatten, angestrebt. Und sie haben ihn jahrelang in vollen Zügen ausgelebt. Dass das alles nicht bis in alle Ewigkeit so funktionieren wird, dazu braucht man keinen Fach- sondern nur vernünftigen Menschenverstand. Ich fühle mich, nunmehr schon im achten Lebensjahrzehnt, nicht mehr verantwortlich dafür.
Aber müssen sich die jungen „Aktivisten“ deswegen nun plötzlich radikalisieren und glauben, Deutschland und Österreich könnten allein die Welt retten? Und wieso nimmt die „Letzte Generation“ nicht die akuteste aller Untergangsgefahren wahr? Vor unserer Haustür wird fleißig ein Krieg mit immer mehr und moderneren Waffen gefüttert, der sich schon bald zu einem dritten atomaren Weltkrieg entwickeln könnte. (Was denn nun, ist Putin nun ein skrupelloser Kriegsverbrecher oder nicht? Auf diesen Widerspruch hat Karl zurecht hingewiesen.) Ich denke, dann hat sich das auch mit dem Klima für die Menschheit und die Erde ganz schnell erledigt…
Not macht erfinderisch, das hat meine Generation in der Nachkriegszeit gelernt. Nachhaltigkeit war da angesagt, um überleben und immer besser leben zu können. Da wurde nichts weggeworfen, es wurde repariert, ausgebessert, angestrickt, aus Alt wurde Neu, Reste von Lebensmitteln zu neuen Gerichten kreiert. Es wurde gespart, an Energie, an Wasser, an Geld.
Kinder sogen das alles schon mit der Muttermilch auf, bei mir im wahrsten Sinne des Wortes im gesamten letzten Kriegsjahr. Von meiner Mutter lernte ich die Haushaltsführung unter diesen Bedingungen, das prägte mich für ein ganzes Leben. Da ich auf dem Land aufwuchs, lernte ich, auch durch eigene Erfahrung, die Arbeit in der Landwirtschaft zu respektieren, die Geschenke der Natur zu lieben und zu schätzen. Aus frischen Lebensmitteln konnte ich schon mit zwölf Jahren ein schmackhaftes Gericht kochen.
Da ich gern genieße, ist die Liebe zum Kochen bis heute geblieben. So habe ich immer die Kontrolle darüber, welche Zutaten für meine gesunde Ernährung enthalten sind. Ich habe auch nichts gegen verschrumpelte Möhren, Kartoffeln und Äpfel, ich verwende krumme Gurken und genießbare Lebensmittel mit abgelaufenem Verfallsdatum. Ich habe etwas gegen genmanipulierte und chemisch haltbar gemachte Lebensmittel, gegen Massentierhaltung und Ausbeutung von Arbeitskräften in der Produktion, sowohl bei uns wie auch im Ausland.
Ja, und deshalb bezahle ich auch gern für gesunde Lebensmittel einen höheren Preis, das bin ich den Herstellern, den Tieren und Pflanzen schuldig.
Ich kaufe auch keine billigen Wegwerf-Klamotten, die aus Drittländern kommen. Ich kaufe wenig und gut und trage es länger, auch das habe ich schon in meiner Jugend gelernt. Warum ich davon schreibe? Nun, ich denke mal, dass unsere „Letzte Generation“ so weit noch gar nicht gedacht hat. Das alles kommt auf sie zu, wenn sie die Kehrtwende nicht nur erzwingen sondern auch (er)leben wollen.
Wir, die sich darin auskennen, könnten ihnen dabei helfen. Und wir könnten einen „Generationenvertrag“ abschließen. Darauf kam ich nach einer Sendung des MDR. Da ging es um Diskriminierung von Senioren im Zusammenhang mit dem Fortschreiten der Digitalisierung. Ja, da habe ich es genau so schwer wie so viele in meiner Generation. Wir können uns dem aber auch nicht entziehen, brauchen immer wieder die Hilfe und Unterstützung der Jungen.
Fazit für mich: In schwierigen Zeiten sollten wir alle noch enger zusammenrücken, anstatt uns mit gegenseitigen Schuldzuweisungen „reinzuwaschen.“
Genau meine Meinung. Wir, die Kriegs- bzw. Nachkriegsgeneration, wissen noch aus eigener Erfahrung bzw. der Erzählung unserer Eltern, was Krieg bedeutet und kennen das nicht nur aus den Medien. Wir wissen auch noch was Mangel ist und konnten mit geringsten Ressourcen umgehen. Auch wir waren nicht immer mit unseren Vorfahren einig, aber haben es verstanden Ursache und Wirkung auseinander zu halten. Ja Protest ist legitim, sollte aber immer die Verursacher treffen. Liebe letzte Generation überlegt mal bitte genau, wer die Verursacher und Gewinner der aktuellen Probleme sind. Also nicht die Wirkung sondern die Ursache bekämpfen. Das verlangt natürlich politische und ökonomische Bildung.