Ist die (parlamentarische) Demokratie wirklich die beste Regierungsform?

Ja, weil sie es den Bürgern erlaubt, die regierenden Parteien abzuwählen. Diese sträuben sich zwar mit Händen und Füßen und vor allem unter Benutzung ihrer Geheimdienste dagegen – in Deutschland ist das der „Verfassungsschutz“ -, aber prinzipiell ist es möglich.

Wie komme ich auf das Thema? Im letzten Beitrag („Isch geh Schulhof 7) hatte ich geschrieben, dass ich die Verlogenheit des „Westens“ unerträglich finde und das auf die unterschiedlichen Empfindsamkeiten gegen Formen direkter und indirekter Gewalt bei der „Me too“-Bewegung und der grassierenden Gewalt in deutschen Schulen bezogen. Ein falsches Wort zur falschen Zeit, eine flüchtige Berührung an der falschen Körperstelle – eigentlich sind inzwischen alle sakrosankt – führt zur Zerstörung beruflicher Karrieren, aber den von den Machos unter den Schülern gemobbten und misshandelten Mitschülern und Lehrern können wir leider nicht helfen.

Das sei nun einmal so, wobei die „Demokraten“, die sich gegen strikte Maßnahmen gegen jugendliche Gewalttäter verwahren, ihre eigenen Kinder in Privatschulen schicken – gerne die internationalen mit englischer Unterrichtssprache -, in denen so etwas nicht vorkommt bzw. konsequent und wirksam bekämpft wird.

Jetzt habe ich in einem Kommentar auf Welt.de gelesen, dass es im heutigen Deutschland 10 Prozent Analphabeten gäbe und diese Quote im kaiserlichen Deutschland bei unter 1 Prozent lag. Tatsächlich, es stimmt und ist sogar noch schlimmer. Googeln Sie selbst. In den „Qualitätsmedien“ finden sich dazu allerdings keine eindeutigen Zahlen. Es ist offensichtlich für sie nicht von Interesse. Das beides, den Tatbestand an sich und das gesellschaftliche Desinteresse daran, finde ich genauso schlimm wie das Missverhältnis zwischen Mee-too-Aufgeregtheiten und tatsächlichen schweren Gewalttätigkeiten gegen Schüler und Lehrer, die nicht in und durch Clan-Strukturen geschützt sind. Das macht mir die westliche Demokratie suspekt.

Mir will scheinen:

Gesellschaften, die in einzelne Ich-Atome zerfallen sind, die kein nationales Band einer Kultur, Sprache und Mentalität eint, haben es nicht anders verdient, als missbraucht, untergebuttert und ausgenutzt zu werden.

Das entspringt wohl der unbarmherzigen Logik der menschlichen Natur: Sei gemeinschaftsfähig – zuerst in deiner Familie, deiner Kommune und deiner Nation und beziehe dabei die neu Hinzugekommen ein, die ehrlichen und guten Willens sind, sich ihrerseits einzufügen in ein für sie Neues und Größeres – oder gehe unter. Neu Hinzugekommene einzubeziehen setzt aber eine innere „Kernstärke“ („Leitkultur“) voraus, sonst zerfleddert wieder alles.

Mir fällt in diesem Zusammenhang auch noch Folgendes auf: Staatliche Hierarchien, wie es sie im deutschen Kaiserreich gab, befördern offenbar die schulische Leistungsfähigkeit. Sonst wäre die verschwindend geringe Zahl der Analphabeten unter den Schulabgängern nach 1900 kaum zu erklären. /1/ Auch die hohe Zahl der Nobelpreise im Kaiserreich, als die Wissenschaftssprache noch Deutsch war, lässt darauf schließen. Kreativität und hierarchische Disziplin schließen sich offenbar nicht aus. Vielleicht gilt sogar das Gegenteil. Das heißt nicht, dass die deutsche Schule der Gegenwart hierarchielos wäre. Ganz im Gegenteil. Aber es handelt sich um nichtstaatliche, verborgene, inoffizielle Clan-Strukturen, in denen der durch seine Hintergrundgemeinschaft gestärkte Einzelne sich perfekt gegen die Einzelnen, die allein bleiben, durchsetzen kann. Diese Einzelnen, die allein bleiben, sind in aller Regel die hochentwickelten alleinerziehenden Deutschen, die ganz auf die „Individualität“ vertrauen.

Deutschland soll ja auch Weltmeister bei den „verborgenen Meistern“ der Mittelschicht sein, die, da wir in Deutsch-Land leben, natürlich einen englischen Namen tragen müssen: „Hidden Champions“ (Champignons sind ja in der Tat oft verhiddet im Wald- und Wiesenboden). Daran knüpfen viele ihre Hoffnung, dass Deutschland trotz der zunehmenden Bildungskatastrophen doch nicht so bald wirtschaftlich untergehen wird. Ich befürchte, die „verborgenen Meister“, Weltmarktführer in der Mittelschicht, verstecken sich bald so gut in Deutschland, wenn das hier mit dem abstürzenden Bildungsniveau so weitergeht, vor allem in Bezug auf die Muttersprache und die mathematischen Fähigkeiten, dass sie gar nicht mehr zu sehen und zu finden sind: Perfekt verhiddet.

 

Fußnoten

/1/ „1901 waren unter allen deutschen Rekruten 131 (0,05 %) ohne Schulbildung, davon 114 aus dem Königreich Preußen (und zwar 27 aus Westpreußen, 21 aus Ostpreußen, 20 aus Posen, 15 aus Schlesien etc.). 1891 waren unter den deutschen Rekruten noch 824 Analphabeten (0,45 %) und 1881 gar 2332 (1,55 %).“ Siehe die Verlinkung oben im Text.

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