„Isch geh Schulhof“ (3)

Ich sehe den Autor dieses Buches, Philipp Möller, regelrecht überlegen schmunzeln, gut verdeckt, fast nicht sichtbar, wenn ihm die drei türkischen Mädchen seiner Klasse berichten, dass sie zwar in „Dings, Deutschland“ geboren sind, sich aber trotzdem „als Türkei“ fühlen. 

Darüber sind wir doch erhaben, da sind wir doch weiter, wir fühlen uns als Europäer, mindestens, wenn nicht als Erdenbürger. Das ist wieder ein typisches Beispiel dafür, dass „Hochmut vor dem Fall kommt“. Da, wo einer diesbezüglich verzichtet, nämlich auf das „Normale“, das Nationale, wie das die meisten „guten Deutschen“ tun, wird dieser leer gewordene Platz sofort von anderen, die noch lebensstark und nicht so „überkandidelt“ sind, besetzt und für ihre eigene Nation eingenommen.

Auf das Nationale zu verzichten oder es zumindest hinter das Europäische und Globale zu stellen ist eine ebensolche linke Lebenslüge wie den Führungsanspruch als Lehrer in einer Klasse aufzugeben. Sofort finden sich mental starke Schüler, die nun ihrerseits führen wollen. Es hat schon seine Ordnung: Einer führt immer, und jeder ist in seiner Nation verwurzelt, unbewusst oder bewusst, so ist das Leben. Das Nationalbewusstsein der deutschen Inländer in der Gegenwart ist desto ausgeprägter, je mehr es partout nicht da sein soll. Aber einer führt letztendlich doch immer, auch wenn es dann nicht mehr in die neuesten Richtlinien der „demokratischen Kultur“ des „Westens“ passen sollte. Aber dieser verzichtet ja auch nur dort und dann auf Macht, wo und wann es ihm passt. Die US-Amerikaner jedenfalls tun es niemals. Wie viele völkerrechtswidrige Angriffskriege haben sie schon geführt, um ihre eigenen nationalen Interessen durchzusetzen! Und mit denen hat sich nun unsere Außenministerin Frau Gärtnerbock untergehakt, um eine „wertegeleitete“, feministische Außenpolitik umzusetzen. (Wenn ich „Feminist“ wäre, würde ich schreiend die Flucht ergreifen.)

Nun weiter im Buchtext, nach den ersten drei Punkten in den beiden vorigen Teilen kommt nun der

4. Punkt: Lehrer Möller kriegt schon auf dem Weg zur Schule „in der U-Bahn… die volle Breitseite unseres gesellschaftlichen Dilemmas ab. ‚Vallah, isch ficke dein Mutter! Geh ma jetzt weg, du Opfer /1/, ja? Is‘ meine Platz!‘ … ‚Was, meine Mutter?‘, zetert der andere, deutlich Schmächtigere der beiden.“ Ist er auch ein Türke oder ein Deutscher? Jedenfalls hatten in meiner Jugend unter uns Jugendlichen die Mütter absolut keine Rolle gespielt, keiner hat sie im Mund geführt, höchstens mal im abwertenden Sinn („Will dich deine ‚Alte‘ nicht rauslassen?“) Für orientalische Jugendliche scheinen sie ganz wichtig zu sein, auf sie lassen sie nichts kommen bzw. sie zeigen im Umkehrschluss ihre Verachtung, indem sie die Mütter jugendlicher Konkurrenten beleidigen, auf eine Weise, die uns damals noch nicht einmal im bösesten Traum eingefallen wäre („Ich ficke deine Mutter“). Fürwahr, eine gewaltige kulturelle Dehnung, die uns die multikulturelle Offenheit der politischen Klasse (Linke über die Grünen und die SPD bis hin zur FDP und der CSU) eingebracht hat. Auf die Zeterei des Schmächtigen antwortet der starke Macho: „Weg gegeht, Platz vergeht. Also halt ma jetzt dein Fresse, du Missgeburt, ja?“ „Missgeburt“ hatten wir auch nicht zu unserer Zeit drauf. Nur so etwas wie „Trottel“ oder „(Voll)Idiot“. Fürwahr, eine kulturelle Bereicherung, noch etwas menschenverachtender als nur der „Idiot“. Eine Nation, die nicht einmal mehr ihre eigenen Schimpfwörter behalten kann, ist wirklich schlimm dran. (Und das gilt nicht nur gegenüber Türken und Arabern, sondern generell. Anstatt – zum Beispiel – „Scheiße!“ heißt es jetzt „Bullshit“ und anstatt „Du kannst mich mal…“ „fuck you“ oder vielleicht noch „fick dich!“. Ich halte das für keine Verbesserungen.) Ansonsten finde ich die Ausdrucksweise des U-Bahn-Machos originell und auf irgendeine Weise sogar „süß“. Aber unserem Neulehrer „platzt der Kragen“: „‚Ey, Jungs‘, entfährt es mir. ‚Ihr seid hier nicht alleine! … Ich hab keine Lust, mir am frühen Morgen eure ekelhaften Sprüche anzuhören‘, versuche ich mich zu erklären.“ „‚Wer bist du, vallah? Was quatschst du misch an, ja?‘, sagt der Bürstenkopf und geht langsam auf mich zu. Demonstrativ rotzt er mir vor die Füße, woraufhin die anderen Fahrgäste betreten wegschauen. … ‚Bist du lebensmüde?‘, mischt sich der andere ein und steht auf. ‚Weißt du nicht, wer wir sind?‘ … Die beiden sind höchstens 13 Jahre alt. Trotzdem führen sie sich auf, als ob ihnen die Welt gehört.“ (S. 56f.) Gehört sie ihnen ja auch – in Deutschland. Deutschland ist eine Machozucht-Nation. Und die absolut größte Bedrohung in Deutschland sind Neonazis und Reichsbürger, hört die politische Klasse nicht auf zu verkünden. Sie tyrannisieren in den öffentlichen Verkehrsmitteln ständig unbescholtene Bürger. „‚Komm jetzt, Emirhan‘, sagt der Kleinere und zieht seinen Kumpel weg… ‚Wir müssen raus, lass diesem Schwuchtel jetzt! Wenn wir ihn noch mal sehen, wir machen ihm kaputt, Lan‘ … Kurz bevor sich die Tür hinter ihm schließt,  spuckt er noch mal in meine Richtung, und als der Zug losfährt, dreht er vollkommen durch. Er boxt mehrfach gegen die Scheibe und brüllt dann, so laut er kann: ‚Sch’wöre, isch bringe diese Schwuchtel um! Du hast jetzt U-Bahn-Verbot, du schwule Sau!“ (S. 57f.) Wenn sich deutsche Jugendliche in aller Öffentlichkeit so gegenüber Ausländern benehmen würden, gäbe es Mahnwachen, noch und nöcher. Ich schwöre. Und selbst Philipp Möller, der Autor des Buches, der mir insgesamt linksliberal vorkommt,  schreibt am Ende dieser Episode: „Zwei Kolleginnen… reagieren mit resigniertem Kopfschütteln. In der Zeitung und im Fernsehen war in letzter Zeit zu häufig von U-Bahn-Schlägern die Rede, die erwachsene Männer vor den Augen anderer Fahrgäste ins Koma prügeln.“ (S. 58) Das hat er vor über 10 Jahren geschrieben. Nichts ist besser geworden.  Im Gegenteil, Berichte dieser Art erscheinen in immer kürzeren Abständen, gerade wieder in letzter Zeit. (Fortsetzung folgt)

Fußnoten:

/1/  Die offizielle Politik hatte ja in Deutschland immer nur migrantische Jugendliche als Opfer „rechter“ Deutscher dargestellt. Wie kommt es, dass nun gerade diese häufig die Bezeichnung  „Opfer“ abwertend gebrauchen und die „Wortformel“ „Du Opfer, du“ gegenüber anderen stereotyp verwenden? Sie kommen mir persönlich in meiner subjektiven Wahrnehmung vor wie Kinder, die immer im Mittelpunkt der elterlichen Aufmerksamkeit stehen, umsorgt und bedauert werden und die sich nun selbst lustig darüber machen: Die Opfer sind nicht wir, sondern die anderen, deshalb reden wir die anderen ständig so an, bis uns endlich auch unsere Eltern nicht mehr bedauern, denn wir wollen schließlich stark und gefürchtet sein und dass unsere Eltern stolz auf uns sein können, weil wir hier unter den „Kartoffeln“ genauso in der Wirklichkeit sind, nämlich stark und gefürchtet (und nicht wie der Papa, der vorm deutschen Chef schleimt).

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