Englisch-Land

Wenn ich nach dem Namen gehe, den ein Land trägt, im Falle meines Vaterlandes: „Deutsch-Land“, dann definiert sich meine Geburtsnation über ihre Sprache: Deutsch.
Im Zuge dieses Zusammenhangs vermute ich, dass eine Außenministerin, die als Repräsentantin ihres Landes eine offizielle Stellungnahme veröffentlicht und das auf Englisch tut, wohl nicht die deutsche Außenministerin sein kann.
Weit gefehlt. Und Deutsch war einmal eine Weltsprache, selbst noch nach dem 2. Weltkrieg. (Einige wenige, zu denen ich gehöre, halten sie immer noch dafür.) Aber danach haben die deutschen Eliten ihre Sprache mehr und mehr abgewickelt, vielleicht als Vorübung zur Abwicklung der DDR.

Zu den einfachen, fleißigen Menschen, die hier in Deutschland den weitaus größten Teil des Bruttosozialprodukts erwirtschaften, gehören auch die meisten Zuwanderer, wieder eher die einfachen und fleißigen, die unter großen Mühen und Schwierigkeiten Deutsch gelernt haben und die diese Sprache deshalb wahrscheinlich höher in Ehren halten als die Alt-Deutschen, denen sie bei der Geburt einfach zugefallen war und die wie verwöhnte Kinder nicht mehr zu schätzen wissen, was sie haben: eine ebenso differenzierte wie komplexe, eine ebenso schwere wie schöne Sprache. Deswegen offenbar geben sie sie leicht weg und tauschen sie gegen das angesagte Englisch. Ich hoffe auf die Neu-Deutschen.

Die deutsche Gesellschaft war schon immer gespalten, auch sprachlich. Noch bis vor 200 Jahren sprachen die Eliten, der Adel, französisch. Heute sprechen die politischen, medialen und wissenschaftlichen Eliten englisch. Nur der „Pöbel“ spricht noch durchgängig deutsch wie schon damals, zu Kaisers Zeiten. Und die Unterschicht des „Pöbels“ versucht krampfhaft, sich mit Versatzstücken aus der höheren und besseren Sprache aufzuwerten. (Gerade heute habe ich so etwas auf der Rückseite eines Autos gelesen: „Marie-luise on board“. Als wenn „an Bord“ für alle, selbst die Internationalisten von ganz weit weg nicht genauso verständlich wäre.)
Wie soll da ein Wir entstehen, Herr Bundespräsident, wenn das einzige, was die Deutschen vor hunderten Jahren einigen konnte, nämlich ihre Sprache, nun immer noch und fortwährend neu gespalten wird?

Ein Kommentar zu “Englisch-Land”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert