„Soziologen sprechen von ‚Othering‘, wenn sich Menschen nur deshalb fremd fühlen, weil sie wie Fremde behandelt werden“, so steht es in der „Leipziger Volkszeitung“ vom 13.09.25 (S. 10).
Alle Klassiker der Soziologie waren deutschsprachig, von Marx, Durkheim und Weber bis hin zu Simmel. Einer von denen und vielen folgenden deutschsprachigen Soziologen hätte aus der eigenen Fülle, der der deutschen Sprache, schöpfen können und zum Beispiel das Wort Veranderung neu geprägt.
Das wäre doch mal eine Bereicherung, ein Divers-Machen der soziologischen Fachsprache. Sicher braucht es zur Verständlichkeit auch eine einheitliche Begrifflichkeit und nicht alle Weltsprachen können ihre Worte beisteuern. Aber so divers, dass sie nur zweisprachig aus der Gründersprache Deutsch und dem heute angesagten Englisch kommen, könnte sie schon sein, denke ich.
Aber nein, es muss unbedingt weit globalistisch, das heißt in Wirklichkeit eng angloamerikanisch, sein. Die Deutschen von heute sind so richtige Hinterherläufer, ein mentaler Zwillingsbruder von dem, was die meisten von ihnen schon immer waren: Mitläufer.
Angeblich passiert in Europa, besonders in Deutschland, alles, was in den USA angesagt ist, zwei bis drei Jahre später auch hier bei uns.
Trump macht in den USA gerade seinen Eliten den Garaus, zumindest den kulturellen.
Dann kann ich ja hoffen, wenn stimmt, was ich darüber über die „weltoffenen“ – in Wirklichkeit nur nach einer Seite hin offenen, nämlich der westlichen – Eine-Welt-Globalisten aus und in Deutschland geschrieben habe.
Und was mich noch mehr hoffen lässt, ist der Vize von Trump, JD Vance. Er ist nicht so narzisstisch wie Trump und trotzdem genauso „rechts“ oder noch „rechter“, das heißt vor allem: das Eigene ehrend und an die 1. Stelle rückend, um dadurch dann auch das andere und Fremde wertschätzen zu können.
Nur wer sich selbst liebt, kann einen Anderen respektieren und mit seinen Eigenarten gelten lassen.
Unsere Eliten praktizieren eine primitivere Art der Selbstliebe: Sie docken sich an das an, was draußen, in der großen weiten Welt, der angloamerikanischen versteht sich (weiter reicht der Blick nicht), gerade angesagt ist. Da kann ich ja hoffen, noch mal und noch mehr, dass unsere Eliten so sind: nur nach Westen zu schauen und alles nachzuäffen, was dort vorgemacht wird.
In der Sprache zeigt sich das Denken einer Gesellschaft deutlich, zum Beispiel, dass die Angesagten und Ansagenden nicht mehr von diesem, dem „Denken“, sprechen, sondern nun vom „Mindset“, obwohl das umständlicher und komplizierter ist und einem fundamentalen Gesetz jeder Sprache, dem der Sprachökonomie, widerspricht.
Oder das Gendern, das ständige Spalten der Leute in unterschiedliche Geschlechter. Als wenn das menschlich Gemeinsame und Übergreifende nicht wichtiger wäre und als wenn es keine Diskriminierung wäre, das eine Geschlecht zur Ableitung (…in) des anderen herabzustufen. Natürlich sind auch weibliche Menschen Lehrer, Polizisten, Eltern, Kinder, ohne ständig das „…in“ anhängen zu müssen, genauso wie die männlichen.
Und wer sich nun mokiert, dass die gemeinsame, menschlich übergreifende Form die sprachlich Männliche ist, vergesse nicht, dass es auch Worte gibt, wo dies umgedreht ist wie „die Person“, die natürlich auch ein Mann sein kann, oder „die Katze“, die es auch mit einem männlichen Geschlecht gibt.
Und vor allem: Die Mehrzahl ist immer und nur weiblich: „Die Männer“ zum Beispiel und die armen männlichen Menschen sind immer nur mitgemeint, ohne das explizit sprachlich auszudrücken. „Skandal!“ würden die Männer rufen, wenn sie Spalter wären und nicht das Selbstbewusstsein hätten, natürlich zu wissen, dass sie gleichberechtigt mitgemeint sind, auch dann, wenn immer nur der weibliche Artikel „die“ gebraucht wird.
Am schlimmsten sind aber die überhandnehmenden Anglizismen. Das sehe ich ganz wie Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Und weil es mir ein Herzensanliegen ist, komme ich immer wieder darauf zurück. Siehe alle Beiträge zum Thema „Mutter Sprache“, oben unter der Hauptüberschrift der Seite „Was ich noch zu sagen hätte“, anklickbar.

Kurzer Hinweis zur Begriffsverwendung: In der Forschung meint „Othering“ die Herstellung eines „Anderen“ durch Zuschreibungen und Abgrenzungen (postkoloniale/feministische Theorien, u. a. Spivak). Das ist mehr als Unbehagen über Anglizismen oder Genderschreibungen. „Othering“ ist ein Konzept mit langer Vorgeschichte, das in den 1970/80ern im englischsprachigen Feminismus- und Postkolonial-Diskurs zum festen Fachwort wurde.
Zwei Faktenkorrekturen: (1) Durkheim zählt zu den Klassikern der Soziologie, schrieb jedoch primär auf Französisch; „alle Klassiker … deutschsprachig“ stimmt so nicht. Interessante Anmerkung zu Durkheim, er sagte 1912: « Or il n’est pas douteux que le langage et, par conséquent, le système de concepts qu’il traduit, est le produit d’une élaboration collective. »
Übersetzung: Es steht außer Zweifel, dass die Sprache und folglich das System der Begriffe, das sie ausdrückt, das Produkt einer kollektiven Ausarbeitung ist.
Ihre Kernsorge – dass nicht erklärte Fachwörter ausgrenzen – ist berechtigt. Das lässt sich durch kurze Begriffserklärungen und deutsche Paraphrasen lösen, ohne den Fachbegriff „Othering“ umzudefinieren. Falls ein deutscher Ausdruck gewünscht ist: „Fremdzuweisung/Fremdmachung“ oder „Alterisierung“ treffen den Prozess je nach Kontext gut.
Ein Beispiel für „Othering“ findet sich im Text selbst:
„Es muss unbedingt … eng angloamerikanisch sein. Die Deutschen … Hinterherläufer … Mitläufer.“
→ Das verallgemeinert und rahmt in Wir-/Sie-Mustern (rhetorisches Othering der „Eliten/Globalisten“) statt überprüfbarer Befunde.
Respekt vor Ihrem Detailwissen. Es muss aber in die großen Zusammenhänge eingeordnet werden, und rahmen beim Denken und in ihm müssen wir alle, sonst bringen wir keine Ordnung in den Erkenntnisprozess. Wichtig ist nur, sich bewusst zu werden, wo, wann und wie wir es tun. Dazu leisten Sie einen Beitrag, wofür ich Ihnen danke.
Lieber Karl,
danke für Ihre Rückmeldung – gerade das Einordnen in größere Zusammenhänge ist tatsächlich zentral. Ergänzend vielleicht ein genereller Eindruck von mir: Viele Beiträge auf wasichnochzusagenhätte.de greifen zweifellos wichtige Themen auf, wirken aber oft verkürzend und stark meinungsgetrieben. Komplexe Fragen werden häufig auf klare Gegensätze reduziert, ohne dass empirische Belege oder unterschiedliche Perspektiven einbezogen würden.
Ein paar Beispiele:
– „Die Kluft zwischen dem staatlich verordneten bzw. erwarteten Denken…“ (28.08.25) zeichnet ein sehr pauschales Bild von „Eliten“ versus „normale Leute“.
– „Die Gesellschaft, die sich selbst überholt…“ (21.08.25) benutzt persönliche Anekdoten als Ausgangspunkt für weitreichende Gesellschaftsdiagnosen, bleibt aber analytisch dünn.
– In „Mutter Sprache“ werden sprachpolitische Debatten stark polemisch kommentiert, jedoch ohne Rückgriff auf linguistische oder soziologische Forschung.
Gerade weil die angesprochenen Themen relevant sind, fände ich es spannend, wenn die Seite stärker auf differenzierte Argumente, Quellen und Gegenstimmen setzen würde. Das würde die Substanz erheblich erhöhen – und verhindern, dass aus komplexen Fragen vorschnell einfache Antworten werden.
Kleiner Hinweis noch zu meiner Person: Mein Talent liegt weniger in der Abfassung allgemeingültiger philosophischer Betrachtungen als vielmehr in kritischer, punktueller Diskussion und Einordnung – weshalb mir die tiefer gehende Kontextualisierung hier besonders wichtig erscheint.
Mit besten Grüßen