Warum gefällt mir das?

 

Nach einer Woche Enkeldienst, den ich gern übernahm, habe ich wieder Zeit für diese Seite. Durch die Lauferei in Fulda, wo ich meinen Enkel meinem Sohn übergab, und in Leipzig vom Bahnhof hin und zurück, lief ich schon 19.000 Schritte. Das ist gut, da mein erklärtes Tagesminimum 10.000 Schritte sind. Aber ich gehe noch einmal los. Ich finde es zu schön, bei lauen Temperaturen abends in der Natur zu laufen, zu gehen natürlich, denn „Dauerlauf“ – altenglisch/1/: Joggen – ist mir zuwider.

Auch gut und vielleicht sogar noch besser ist es, in die unaufdringlich gestaltete Natur zu gehen, nämlich in die der Schrebergärten. Da komme ich an dem Fotografierten vorbei. Das Bild – siehe oben – gefällt mir. Warum? Ich bin doch für Ordnung, bewundere die Gestaltungslust und -kraft meines Volkes, die ihm einen vorderen Platz unter den Industrienationen eingebracht hat, die ihm ermöglicht, das Land in der Welt zu sein, das die meisten Flüchtlinge auf hohem Niveau versorgt.

(Das geht natürlich nicht lange gut, wenn „die Eigenen“ nicht mehr die medizinische Behandlung bekommen, die ihren Eltern noch vergönnt war, weil die Notaufnahmen und Krankenhäuser vollkommen von der Weltrettung der Gutdeutschen überfordert sind, fast so sehr wie ihre Schulen. /2/ Wenn’s ernst wird und die Not kommt, gilt dann doch überall auf der Welt: Blut und gut Bekannte gehören „dicker“ dazu als parallel nebenher Lebende. Das ist kein Problem der bösen Deutschen, wie uns der deutsche Staatsfunk unisono einreden will, fast so abgestimmt und einheitlich wie die „Aktuelle Kamera“ dazumal, sondern überall auf der Welt so.

Auch die Deutschen, die im Ausland leben, werden dann, wenn die Not auch dort hereingebrochen ist, noch verzweifelter, als sie es jetzt schon tun, versuchen, ihren deutschen Akzent zu vermeiden. Den Heimatakzent zu verbergen, hat in Deutschland natürlich kein Zugezogener nötig. Da reden deutscher Schüler eher agrammatisch türkisch, damit sie nicht mehr negativ an ihren Brennpunkt-Schulen auffallen.)

Also: Warum gefällt mir so ein verwilderter Garten? Wenn Sie das Bild anklicken, erkennen Sie seine ganze Melancholie. Links steht ein vereinsamter Plastestuhl. Dieser Garten ist mir ein Trost. Sein Besitzer hat es nicht mehr geschafft, er war überfordert. So ist es mir im Leben einige Male gegangen, und ich habe mich geschämt, etwas nicht zu Ende gebracht zu haben. Es tröstet mich, dass anderen das auch passiert ist.

Es ist eine positive Wehmut, mit der ich so einen Garten sehen kann. Die große Mehrheit ist zum Glück gestaltet. Und ich habe gehört, dass sich Gartenbesitzer unabgesprochen solidarisch helfen, wenn zum Beispiel Beton für das Fundament einer Laube angeliefert wird. Das positive, gemeinschaftliche Gestalten überwiegt also deutlich gegenüber dem Scheitern, das immer mit Alleingelassen-Werden zu tun hat.

Und gerade ich bin nicht der, der ein politisches „Glückliches Ende“ – von Sprachopportunisten auch „Happy End“/3/ genannt – anbringen will. Aber es war heute Abend so: Ein dunkelhäutiger Mann sprengt seinen Rasen. Ich war im Laufe meines Lebens, vor allem: meines jungen, zu oft Außenseiter. Also habe ich ein feines Gefühl für die ausbilden können, die dazugehören wollen, die sich um Anpassung bemühen, und trotzdem nicht akzeptiert werden. Er war auch so einer. Er hatte diese Witterung, dieses Zugewandt-Sein zur Kultur derer, zu der er gehören will. Das muss bestärkt werden. Ich habe ihn freundlich gegrüßt. Er hat zurückgegrüßt, ich denke, dankbar, jedenfalls gemeinschafts- und beziehungsfähig.

 

Fußnoten:

/1/ Wenn so vieles, fast immer Anglizismen, hier bei uns als „neudeutsch“ bezeichnet wird, muss es im Umkehrschluss doch auch „altenglisch“ geben, oder?

/2/ Die am lautesten in Deutschland für die „Weltrettung“ eintreten, sind privat versichert und schicken ihre Kinder auf teure Privatschulen, am besten mit Englisch als Unterrichtssprache. Nur Millionäre können kraft ihres Geldes überall auf der Welt zu Hause sein. Die einfachen, arbeitenden Menschen sind dazu verurteilt, vaterlandsorientiert zu bleiben, also keine „vaterlandslosen Gesellen“ zu werden, wie Bismarck die SPD-Arbeiter zu Unrecht bezeichnete. Die wirklich „vaterlandslosen Gesellen“ finden sich heute nirgendwo so häufig wie in der links-grünen Schickeria Deutschlands.

/3/ Die Verenglischung des Deutschen hat auch den Nachteil, dass sich die orthographische Verunsicherung steigert (erst hatte ich „Happy end“ geschrieben).

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